Breslau I

 

Und heute passierte das, was in Norddeutschland seit Tagen zu Gange war: Das Wetter schlug um. Aber ordentlich. Schon morgens fing es in Görlitz an, leicht zu nieseln. Und das wurde immer schlimmer. In Breslau kannten die Fluten dann kein halten mehr.

Wir hatten uns nämlich am Abend zuvor entschieden - sicherlich auch durch den Eindruck des Schlesischen Museums - das wir dem Zentrum des schlesischen Landes doch einen etwas genaueren Blick widmen sollten. 

Nach dem Frühstück kamen wir tatsächlich schon gegen 10 Uhr los. 

Da wir das "Heilige Grab zu Görlitz" gestern verpasst hatten (da wir statt dessen auf dem "neuen Nicolai-Friedhof" ankamen, der allerdings auch ziemlich interessant ist) holten wir dies heute früh nach. Einfach nur, um mal zu gucken, wie nahe es dem Original kommt (und um festzustellen, warum man auf so eine schräge Idee kommen kann). Sehr zur Enttäuschung des Ticketverkäufers (Nur 3,00 Euro pro Person) verzichteten wir auf den Audio-Guid (weshalb uns vermutlich bei der "Position 4 - der heilige Mülleimer" die Interpretationsphantasie etwas durchgegangen ist. Zur Klärung: Neben dem Schild "Pos. 4" stand ein Mülleimer. Sehr wahrscheinlich Zufall. Aber wer weiß das schon? Vielleicht wurde dort damals die "Dornenkrone" entsorgt? Alles ist möglich). Denn ansonsten bewegte man sich schon recht nahe am Original. Sogar der Riss durch den Tempel (nach dem Erdbeben zur Todesstunde) wurde dokumentiert (und ich dachte erst, dass sei ein typischer Baufehler gewesen). Golgatha mit den drei Löchern im Boden für die Kreuze konnten wir nicht so genau identifizieren, da wir uns nie in Jerusalem unter den Altar gezwängt hatten, unter dem man angeblich den alten Golgatha-Felsen noch erahnen kann. Aber die Grabkammer könnte tatsächlich sehr ähnlich sein. Auch wenn wir da den tatsächlichen Kuppelbau selber nie gesehen haben, da der in der Grabeskirche von einer Holzkonstruktion eingefasst ist. Warum auch immer. Na gut. Lange blieben wir nicht. Wir hatten es gesehen.

Über Zgorzelec fuhren wir dann rüber nach Polen. 

Das inzwischen saumäßig gewordene Wetter machte den Eindruck der polnischen Ebene nicht gerade besser. Aber wir zogen die 160 Kilometer auf der Autobahn durch. Mit einer Unterbrechung wg. eines Staus. Die Landstraße führte aber - zum Glück für die Federung - ehr schnell wieder zurück auf die Autobahn, wo sich der Stau auf wundersame Weise aufgelöst hatte.

Gegen 15 Uhr kamen wir dann schon in Breslau - bzw. Wrozlaw - an. Auch hier war der erste Eindruck der vorstädtischen Bereiche alles andere als positiv. Krasser sozialistischer Chick. Das wurde in der Innenstadt auch erstmal nicht besser. Trotz der Baustellen fanden wir das von Christina ausgesuchte Wyndham Old Town relativ schnell und man hatte auch was für uns. Das Hotel schien sich zwar noch im Bau zu befinden - genauer gesagt, wie wir am Folgetag feststellten im Umbau vom alten "Sofietel" - aber das störte nicht groß. 

Weitaus störender war der extreme Regen. Wir schnorrten zwar noch einen Regenschirm von der Rezeption, aber ohne unsere Regenjacken ("Wer nimmt den Regenjacken im Sommer mit?") wären wir aufgeschmissen gewesen. Die Stimmung in der Altstadt) war lebendig - aber so richtig begeistert war ich noch nicht. Interessant war, dass der Regen die ganzen Partygänger (es war schließlich Samstag) so überhaupt nicht abschreckte. Wir entschieden uns, etwas zu Essen zu suchen. Was bei der deutlich "fleischlastigen" Ernährung der Polen zu einem kleinen Problem hätte werden können. Aber zielsicher fanden wir in der Nähe des alten Universitätsgebäudes ein vegetarisches Restaurant, in dem vor allem gefüllte "Pelwini" angeboten wurden. "Zajrzyj pod przykrywki" nennt sich der Laden. An dem Namen konnten wir allerdings nicht erkennen, um was es  kulinarisch in dem Restaurant geht. An der nicht existenten Karte vor der Tür allerdings auch nicht. Wir wagten es einfach - das sehr einfache Interieur sprach uns an - und wurde ziemlich überrascht. Super!

Der nicht endend wollende Regen trieb uns bald wieder zurück ins Hotel. Ich besorgte noch in einem "Zabka" ein paar Kekse (Supermärkte gibt es im Innenstadtbereich nicht) und dann trockneten wir im Zimmer unsere Schuhe.

Am späten Abend - mit neuen trockenen Schuhwerk versehen - machte ich mich nochmal auf, um die Innenstadt weiter zu erkunden. Und da war ordentlich etwas los - was wir die Nacht über übrigens auch im Zimmer mitbekommen haben (und uns komischerweise gar nicht störte). Vielleicht auch, weil kurz zuvor der Regen aufgehört hat. Ich wurde nur 2x angesprochen (kenne ich schon aus Warschau) und wanderte noch bis zum Bahnhof (muss nicht sein). Aber wie gesagt: sobald man den Innenstadtbereich verlassen hat, wird Breslau eher dunkel und wenig ansprechend. Das Ganze versprüht einen gewissen altmodischen Reiz einer untergegangenen Epoche (Neonleuchten und rumpelnde Straßenbahnen), mehr aber auch nicht. 

Für den nächsten Tag versprach der Wetterbericht nicht Gutes. Wir beschlossen daher, am Morgen das weitere Vorgehen zu diskutieren. Weiter nach Krakau, Auschwitz oder zurück ins Riesengebirge. Oder doch noch einen Tag hier bleiben. Mal sehen.